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In diesem Punkt 4 werden die notwendigen Schritte erläutert, die nötig waren, um die einzelnen Spuren des Songs Far Away richtig zu mischen. Dies schließt vor allem die Anwendung von destruktiven Effekten sowie Echtzeiteffekten ein. Der Gesamtmix (Endmix) wird in Punkt 5 beschrieben.


4.1 Problembeschreibung


Obwohl an dieser Stelle alle Einzelspuren aufgezeichnet wurden und sich in der korrekten zeitlichen Position zueinander befinden, benötigen einige Spuren noch Effekte. Dies vor allem deshalb, damit die Spuren sich im Ohr des Hörers zusammenfügen und später ein einheitliches Klangbild ergeben können. Die genauen Probleme der unterschiedlichen Instrumente sollen in ihren jeweiligen Unterpunkten beschrieben werden. Das Problem beim Mix ist, daß es niemals eine Standardlösung geben kann. Jeder Song stellt den Tontechniker vor völlig unterschiedliche Herausforderungen und man kann immer erst bei der Sichtung des Rohmaterials bewerten, welche Schritte notwendig sind. Hinzu kommt zwangsläufig auch der unterschiedliche Geschmack von vielen unterschiedlichen Menschen. Letztendlich müssen Entscheidungen getroffen werden, die der eigenen Präferenz entsprechen, die aber nicht als richtig oder falsch tituliert werden können.

Was man in jedem Fall haben sollte, sind sogenannte Referenzboxen beim Mix. Normalerweise gibt es für Tontechniker spezielle Lautsprecher, die zwar nicht sonderlich natürlich klingen, die aber penibel alle hörbaren Frequenzen gleich gut wiedergeben. Diese sehr teuren Boxen kommen vor allem in der professionellen Tontechnik zur Anwendung. Hier braucht es seine Zeit, bis ein Tontechniker seine Ohren auf die speziellen Boxen und ihre Eigenarten eingestellt hat. Während er sie nämlich nutzt, muß er sich vorstellen, wie dasselbe Audiosignal auf einem geschlossenen Kopfhörer klingen würde, im Autoradio, in der Heim HiFi Anlage oder in der Diskothek. Es ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, einen Mix derart zu gestalten, daß er in allen denkbaren Endsystemen (gleich) gut klingt. Dies ist auch die große Herausforderung beim Abmischen.

Wenn jemandem keine speziellen Lautsprecher zur Verfügung stehen, dann sollte er die Lautsprecher nutzen, auf denen er auch in seiner Freizeit Musik hört, aus dem Grunde, weil seine Hörgewohnheiten eben anhand dieser Lautsprecher kalibriert sind. Hier weiß er, wie ein Instrument bei anderen, professionell gemixten Stücken klingen muß und kann dies gegebenenfalls auf das eigene, zu mixende Instrument anwenden. Wenn diese speziellen Boxen allerdings bestimmte Frequenzen unterschlagen, dann können diese logischerweise auch keine Beachtung finden und verbleiben ungemischt. Daher gilt: man kann ein Musikstück nur so gut mischen, wie die Anlage ist, auf der gemischt wird.

Ein weiteres Problem ergibt sich durch das menschliche Hörverhalten. So wie das Gehirn das Pendel der Wohnzimmeruhr nach einer Zeit einfach ausblendet, so gewöhnt sich das Gehör auch an einen ungemischten Song. Das heißt also: Je länger man sich mit dem Mix beschäftigt, desto subjektiver wird das eigene Gehör und desto wohlklingender erscheint das Lied. Es ist sehr gut möglich, daß man an einem Tag seine Arbeit abspeichert und zufrieden ist und am nächsten Tag verwundert über die schlechte Qualität ist. Daher empfiehlt es sich, immer wieder längere Pausen einzulegen, in denen das Gehör möglichst andere Dinge wahrnehmen kann, die ihm vertraut sind. Stille ist hierbei nicht unbedingt die beste Wahl. Letztendlich geht es schlicht darum, die Ohren wieder an ein normales Klangbild zu gewöhnen. Danach erst sollte man die Arbeit am Mix fortsetzen.

Man kann in etwa davon ausgehen, daß das Mischen eines Songs genauso viel Zeit in Anspruch nimmt, wie seine Aufnahme.


4.2 Mix der Spuren


Die Spuren, deren Erzeugung in den Punkten 3.3.1 bis 3.3.7 beschrieben wurde, müssen nun gemischt werden. Dies geschieht ebenfalls mit dem Programm Samplitude und den im Lieferumfang enthaltenen Plugins. Die unterschiedlichen zur Anwendung kommenden Effekte werden erklärt, wenn sie zur Anwendung kommen. Im Einzelnen sind dies: Hall, EQ, FFT-Filter, Kompressor, Expander, Gates, Stereo Enhancer, Pre Delay und Panoramaeinstellungen.


4.2.1 Schlagzeug


Die Tatsache, daß bei der Aufnahme von Far Away ein E-Schlagzeug zum Einsatz kam, vereinfacht die Arbeit am Mix erheblich. Wie in Punkt 3.3.1 beschrieben, wurde eingangs ein Stereosignal aufgezeichnet, das vom Kontrollteil des Schlagzeuges ausgegeben wurde. Dieses verteilte bereits vorher die einzelnen Trommeln nach den Einstellungen des Schlagzeugers im Stereo Panorama. Dies ist normalerweise eine der ersten Arbeiten, die erledigt werden müssen, wenn ein natürliches Schlagzeug mit Mikrofonen aufgezeichnet wird: In jeder Spur gibt es die Möglichkeit, mittels eines Drehreglers zu entscheiden, wie weit links oder rechts das Signal auf einer Stereoanlage zu hören ist. Die Standardeinstellung ist mittig, also eine gleich laute Verteilung des Signals auf dem linken und rechten Kanal. Der besagte Regler ist in Grad eingeteilt, seine maximale Einstellung ist demnach 90 Grad und gibt an, daß das Signal komplett rechts liegt. Dem gegenüber gibt es auch -90 Grad, womit das Signal komplett links läge. Man verteilt deshalb die einzelnen Trommeln im Stereopanorama, weil somit eine heterogene Verteilung der Signale entsteht. Dadurch gibt es nicht nur weniger Frequenzüberlagerungen, sondern es entsteht auch ein natürlicherer Eindruck, da ein Zuhörer, der sich neben einem Schlagzeug befindet, auch nicht auf beiden Ohren exakt dasselbe hören würde.

Wie oben bereits beschrieben und wie nachfolgend immer wieder erwähnt werden soll, ist schon diese Einstellung dem reinen Geschmack des Tontechnikers unterworfen. Gewöhnlicherweise ist es so, daß man die Base Drum, also die Trommel mit den niedrigsten Frequenzen, in der Mitte belässt. Hi-Hat, Snare, Becken und Toms sollte man nun anhand ihres realen Vorbildes verteilen, also in einem gestauchten Halbkreis. Man kann die Toms aber beispielsweise auch wunderbar für extreme Stereoeffekte einsetzen, indem man sie komplett nach links und rechts legt. Wird dann ein Fill gespielt, das sich über die beiden Toms fortsetzt, so ergibt dies einen interessanten Stereoeffekt.

Die Panorama Einstellung war aber, wie oben beschrieben, durch das E-Schlagzeug bereits vorgegeben, daher besteht in unserem Fall nur die Notwendigkeit, beide Schlagzeugkanäle komplett nach links bzw. rechts zu legen (jeweils 90 Grad).

Eine weitere wichtige Einstellung für das Schlagzeug ist das sogenannte Pre-Delay. Während der Panoramaeffekt die einzelnen Instrumente räumlich verteilt, kann man mit dem Pre-Delay die psychoakustische räumliche Entfernung zur Schallquelle festlegen. Auch dies ist sehr wichtig, um ein Schlagzeug natürlich klingen zu lassen, denn es ist fast unmöglich, daß ein Hörer ein Schlagzeug so hört, wie alle angeschlossenen Mikrofone gleichzeitig die Signale aufzeichnen. Man stelle sich einfach vor, daß der Hörer zehn Meter von dem Schlagzeug entfernt steht. Nun würde der Schall einer Tom später im Ohr des Hörers ankommen, als der Schall einer Snare, schon aufgrund ihrer unterschiedlichen Nähe zum Hörer. Diese Tatsache möchte man mit dem Pre-Delay nachbilden. Die Einstellungsskala geht hier von 0% bis 100%. Praktischerweise ist dies ebenfalls eine Einstellung, die bereits durch das E-Drumsystem vorgegeben wurde, daher wird auch hier der Tontechniker entscheidend entlastet.

Bei natürlichen Schlagzeugen könnte sich bei Snare und Basedrum die Anwendung eines Kompressors empfehlen. Ein Kompressor ist ein Plugin, bzw. in der analogen Aufnahmetechnik eine Schaltung, die den Pegel eines Audiosignals, also seine Lautheit, seine Dynamik, komprimiert. Die Hüllkurve sieht nach der Anwendung eines Kompressors gewöhnlich gestaucht aus. Eine Daumenregel besagt, daß ein Kompressor laute Stellen leiser macht und leise Stellen lauter. Daraus ergibt sich also ein homogenerer Klang. Vor allem Stimme und akustische (analoge) Instrumente sollten, aufgrund ihrer extremen Pegeländerungen, immer mit einem Kompressor versehen werden. Ein Nebeneffekt einer Kompression ist es, daß das Signal danach zwar weniger Dynamik besitzt, aber im subjektiven Empfinden des Hörers je nach Einstellung nicht unbedingt viel leiser ist als vorher. Somit besteht die Möglichkeit, das Gesamtsignal in seiner Lautstärke extrem zu erhöhen, ohne jedoch zu übersteuern. Dies bietet sich vor allem dann an, wenn man versucht, die Stimme eines Sängers innerhalb der anderen Instrumente gut und deutlich hörbar zu machen.

Im Falle des Schlagzeuges sorgt der Kompressor dafür, daß man den Druck, d.h. das psychoakustische Empfinden von Snare und Basedrum erhöhen kann, ohne zu übersteuern. Dies resultiert darin, daß beide Trommeln in ihren Frequenzbereichen extrem gut zu hören sind.

Der typische Kompressor bietet 4 Parameter an, die zu regeln sind: Threshold, Ratio, Attack und Release. Der Threshold (zu Deutsch: Schwelle) gibt an, ab welchem Pegelausschlag der Kompressor überhaupt in Aktion tritt. Ratio (Größe des Kompressionsverhältnisses) definiert, wie stark das Signal oberhalb der Schwelle komprimiert werden soll. Attack beschreibt die Zeit in Millisekunden, die zwischen dem Überschreiten der Schwelle und dem Erreichen des maximalen Kompressionsverhältnisses vergehen soll. Release bezeichnet das Gegenteil.

Bei Schlagzeug wären Attack und Release sehr gering zu wählen, da die Signale ja selbst nur wenige Millisekunden ausschlagen.

Da es sich bei dem Schlagzeug von Far Away um ein E-Schlagzeug handelt, ist auch hier die Anwendung eines Kompressors zwar möglich, aber absolut nicht nötig, da das Signal bereits mit Perfektion aus dem Steuerteil geliefert wurde.

Es zeigt sich also recht deutlich, daß ein E-Schlagzeug den Tontechniker deutlich entlastet. Dies wird zu berücksichtigen sein, wenn in Punkt 6.1 die Vor- und Nachteile der digitalen, bzw. analogen Aufnahmetechnik verglichen werden.

Nichtsdestotrotz muß dem Schlagzeug, vor allem, da es sich um eine Ballade, also ein ruhigeres Rockstück handelt, etwas Hall hinzugefügt werden. Diese Einstellung kann normalerweise mit einem einfachen Drehknopf erreicht werden, der mit Reverb beschriftet ist. In Samplitude finden sich jedoch noch weitere Einstellungsmöglichkeiten. Das entsprechende Plugin nennt sich Room Simulator und ahmt, wie der Name schon sagt, verschiedene Räumlichkeiten nach. Die Voreinstellungen reichen von einem kleinen Zimmer über einen großen Konzertsaal bis zu einer gigantischen Kirche. Außer durch diese Presets kann man die einzelnen Parameter, die diese Räume definieren, auch von Hand einstellen. Die Samplitude Hilfe beschreibt die Parameter wie folgt:

Frühe Refl.: Hier können die ersten Reflektionen vermindert bzw. ausgeblendet werden, indem der erste Teil der Impulsantwort gedämpft wird.
Nachhall: Hier kann der Nachhall vermindert bzw. ausgeblendet werden, indem der hintere Teil der Impulsantwort gedämpft wird.
Länge: Mit diesem Parameter kann die Zeitdauer des Halleffektes bis auf fünf Prozent der ursprünglichen Länge verringert werden, indem die Impulsantwort verkürzt wird. Hierdurch wird sie zunächst steil abgeschnitten, so dass es zu einem unnatürlichen Ausklingverhalten kommen kann. Abhilfe schafft hier eine niedrigere Einstellung des Parameters Nachhall, um die Impulsantwort mit der 2-Segment- Hüllkurve auszublenden. Die Grafik mit der Impulsantwort ermöglicht eine optische Kontrolle.
Übergang: Hier kann die Zeitlänge für das erste Segment der 2-Segment-Hüllkurve eingestellt werden (Dämpfung der Frühen Reflektionen.)
Hohe Freq.: Hier können hochfrequente Anteile des Halles verringert werden.
Tiefe Freq.: Mit diesem Parameter können tieffrequente Anteile des Halles verringert werden.
FFT-EQ: Der Hallanteil kann mit einem zusätzlichen FFT-Filter nachbearbeitet werden. Die Grafik mit dem Echtzeitspektrum des Hallanteils im FFT-Filter erlaubt eine optische Kontrolle über das Frequenzverhalten des Raumes, in dem die Impulsantwort aufgezeichnet wurde. Unerwünschte Resonanzen beispielsweise können so schnell aufgefunden und beseitigt werden.
Orig.: Einstellung des Originalsignal-Pegels in dB
Hall: Einstellung des Hallsignal- Pegels in dB
Out: Einstellung des Ausgangspegels in dB


Durch die Einstellung dieser verschiedenen Werte ändert sich das Klangverhalten zum Teil immens und erneut gilt zu sagen, daß hauptsächlich am Geschmack des Tontechnikers entschieden wird, welche Werte die Parameter genau annehmen. In jedem Fall empfiehlt es sich, die Einstellungen zu speichern, da man sie eventuell später auch auf die anderen Instrumente bzw. den Gesang anwenden möchte.

Das E-Schlagzeug für den Song Far Away konnte nach Einstellung des Panoramas und Anwendung des Halls bereits als fertig abgemischt angesehen werden. In der Endversion liegt es auch genau so vor.


4.2.2 MIDI Klavier


Die MIDI Spuren des Klaviers klingen, dem VST und der MIDI Technologie sei dank, bereits ohne Zutun des Tontechnikers brillant. Ein Mix jedweder Art ist nicht nötig, sollte aber direkt in den Parametern des VST GUI vorgenommen werden. Um später im Endmix eine einfacherer Pegelangleichung vornehmen zu können, sollte man einen Downmix der MIDI Spuren vornehmen. D.h., daß man die MIDI Spuren zu einer WAV Datei konvertiert. Zu diesem Zwecke stellt man die MIDI Spuren auf Solo und exportiert das komplette Projekt. Das Ergebnis enthält dank der Solo Einstellung lediglich das Klavier als WAV Datei und dieses kann dann in eine neue Spur importiert werden. Im restlichen Verlauf des Mischvorgangs sollte man nun die MIDI Spuren auf mute, stumm stellen.

Leider erwies sich das zur Anwendung gekommene VST The Grand bei allen Versuchen eines Exports als fehlerhaft: Die exportierte WAV Datei enthielt zwar das Klavierspiel, jedoch nicht mehr die Betätigungen des Sustain Pedals. Somit wurde die komplette Spur selbstverständlich unbrauchbar und man mußte auf den Konzertflügel ausweichen, der vom VST Orchestral zur Verfügung gestellt wird. Hier funktionierte der Export mit Sustain und dies ist nun auch das Klavier, das auf der Aufnahme zu hören ist.

Leider konnte der Fehler nicht ermittelt werden. Die Tatsache, daß es mit Orchestral funktioniert, legt den Schluß nahe, daß bei The Grand ein Fehler vorliegt. Vielleicht liegt es aber auch an Fehlern in der Schnittstelle zwischen Samplitude und VST, da die Version 8.0 von Magix Samplitude ja die allererste MIDI-fähige Version war. Eine solche Fehlfunktion ist sehr ärgerlich, zeigt aber in diesem Zusammenhang, daß man zu Kompromissen bereit sein sollte, wenn man Musik aufzeichnen möchte. Das Endergebnis wird sich immer von den Vorstellungen unterscheiden, die man vorher im Kopf hatte.

Aber auch das Klavier aus Orchestral klingt sehr gut und es ist deshalb zwar schade, aber kein sprichwörtlicher Beinbruch. Die Voreinstellungen konnten auch hier so belassen werden.

Der Fehler beim Export einer MIDI Spur mit The Grand sollte in Punkt 6.1 als eklatanter Nachteil der digitalen Aufnahmetechnik gewertet werden.


4.2.3 Bass


Die Bassspur sollte, sofern man in der graphischen Anzeige extreme Pegeländerungen erkennt, mit einem Kompressor versehen werden. Seine Panorama Einstellungen belässt man für gewöhnlich im Zentrum, so wie bei den meisten niederfrequenten Tonquellen. Dies liegt daran, daß das menschliche Ohr Frequenzen unter 300 Hertz sowieso nicht orten kann.

Durch die Anwendung eines FFT Filters könnte man dem Bass in den richtigen Frequenzen mehr Wucht verleihen, bzw. dafür sorgen, daß er der Basedrum nicht entscheidende Frequenzen durch Überlagerung nimmt.

FFT steht für Fast Fourier Transformation und ist die mathematische Grundlage für die Umwandlung eines akustischen Zeitbereichs in seine Frequenzbereiche. Der in Samplitude bereitgestellte FFT-Filter ist also ein stufenloser Frequenzbandfilter, mit dem man gezielt ganz bestimmte Frequenzen eines Signals anheben oder abschwächen kann. Bei einem Mixer wie dem M8 (Abbildung 2) oder dem Mixer in Samplitude (Abbildung 7) stehen für jede Spur drei Drehregler zur Verfügung, die das komplette Frequenzband grob in eben drei Teile einteilen: Höhen, Mitten und Tiefen. Der Mackie CFX 12 Mixer besitzt an seinem Master Out einen 10 Band Equalizer, der folgende Frequenzbänder damit individuell einstellen kann: 60 Hertz, 170 Hertz, 310 Hertz, 600 Hertz, 1 Kilohertz, 3 Kilohertz, 6 Kilohertz, 12 Kilohertz, 14 Kilohertz und 16 Kilohertz.

Der FFT Filter in Samplitude kann auch auf diese Einteilung verzichten und man kann mit der Maus präzise eine Linie freihand vorgeben, an der die Frequenzen des Signals ausgerichtet werden sollen. Abbildung 17 zeigt einen solchen FFT Filter im Einsatz. Das Signal ist die Kurve im unteren Bereich des Diagramms, die rote Linie stellt die vom Tontechniker vorgegebene gewünschte Änderung der Pegel der einzelnen Frequenzen dar und die gelbe Kurve ist das dadurch veränderte Eingangssignal. Auf der X-Achse sind die Frequenzen aufgetragen, auf der Y-Achse der Pegel.

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Abbildung 17: FFT Filter


Anhand der Eingangssignalkurve kann man nun ablesen, welche Frequenzen vom Bass belegt werden und diese absenken oder anheben. Zum Beispiel kann es dazu kommen, daß man die Zupfgeräusche des Bassspielers hört. Diese sind relativ hochfrequent und man kann sie hiermit einfach abdämpfen, ohne daß der Basslauf verloren geht. Aber man kann auch den Bass in seinen charakteristischen Klangfrequenzen verstärken und ein mögliches tieffrequentes Wummern abdämpfen. Ein FFT-Filter ist allgemein ein sehr mächtiges Werkzeug, das viel Einfluß auf das Klangbild haben kann. Man muß nur stets vorsichtig sein, daß man das Signal nicht übersteuert, denn dies kann relativ einfach passieren. Daher ist hier die Anwendung eines Echtzeiteffekts absolut empfehlenswert, auch wenn dadurch die CPU des Rechners stärker beansprucht wird.

Der Bass verhält sich ansonsten eigentlich beim Mixen recht unkompliziert und weitere Arbeiten erübrigen sich.


4.2.4 Gitarren


Eine Eigenheit von verzerrten E-Gitarren, wie sie bei Far Away zur Anwendung kommen, ist, daß sie einen bestimmten Pegel innerhalb ihrer Hüllkurve nicht überschreiten. Ein E-Gitarrensignal mit viel Verzerrung braucht daher nicht komprimiert zu werden. Die Rhythmusgitarren benötigen nur sehr wenige Effekte, da die meisten bereits durch das Gitarreneffektgerät vorgegeben wurden. Man könnte eine ganz leichte Panoramaeinstellung vornehmen, sowie den Pre-Delay entsprechend dem Schlagzeug anpassen. Eventuell sollte man mit einem FFT-Filter dafür Sorge tragen, daß die E-Gitarren nicht die Frequenzen des Basses überlagern, was besonders bei starken Verzerrungen durchaus der Fall sein kann. Zumeist reicht es aber aus, im 3-Band-Equalizer des Mixers die Tiefen etwas herauszudrehen.

Die Sologitarre verhält sich da nicht anders, zumal auch hier dieselbe Verzerrung genutzt wurde wie bei der Rhythmusgitarre. Trotzdem empfiehlt es sich, die Sologitarre mit einem sogenannten Stereo Enhancer zu bearbeiten. Dieser sorgt dafür, daß das Monosignal durch künstliche Verzögerungen zwischen dem linken und dem rechten Stereokanal wie eine native Stereoaufnahme klingt. Zusätzlich kann man mit einem Stereo Enhancer, zu Deutsch Stereo Erweiterer, die Intensität der Verteilung auf die beiden Kanäle einstellen. Im Prinzip ist der Stereo Enhancer eine Kombination aus Pre-Delay und leicht versetzten Panoramaeinstellungen und er sorgt im Endeffekt dafür, daß Audiosignale einen natürlicheren Raumklang annehmen. Vor allem bei einer Sologitarre ist die Anwendung sehr lohnenswert, da das Ergebnis leicht hörbar besser klingt, als das Rohmaterial. Samplitude stellt wahlweise auch einen Multiband Stereo Enhancer zur Verfügung, bei dem man tiefe, mittlere und hohe Frequenzen separat bearbeiten kann. Mit dem Regler kann man die Basisbreite zwischen 0 und 200 einstellen. 0 bedeutet Mono, 100 unveränderte Basisbreite (Stereo) und 200 maximale Basisbreite.

Da das Solo nicht in einer einzigen Aufnahme komplett eingespielt wurde, bietet es sich weiterhin an, die verschiedenen Solofragmente leicht auf die beiden Stereokanäle zu verteilen (Panoramaregler). Dies sorgt in erster Linie für Abwechselung beim Hörer, was vor allem bei einem derartig langen Solo von Vorteil sein kann.


4.2.5 MIDI Ambient


Wie schon beim MIDI Mix des Pianos (Punkt 4.2.2) verbleibt dem Tontechniker lediglich ein Downmix der MIDI Spuren. Der Klang ist ohne weiteres Zutun über jeden Zweifel erhaben und das ohne irgendwelche vorgenommenen Einstellungen. Prinzipiell würden sich diese Einstellungen auch nicht von den Möglichkeiten für Audiospuren unterscheiden, allerdings sind sie in ihrer Basiseinstellung bereits ausgesprochen gut. Auch bei Far Away wurden, abgesehen vom Downmix, keine weiteren Einstellungen an der MIDI Ambient Spur vorgenommen.


4.2.6 Gesang


Der Mix des Gesangs gehört zumeist zu den anspruchsvollsten Aufgaben. Zuerst sollte man ein Gate anwenden. Ein Gate schaltet alle Geräusche unterhalb einer gewissen Lautstärke komplett aus. Dies eignet sich gut, um Atmung oder sonstige ungewollte Geräusche des Sängers herauszufiltern. Besonders bei intim klingenden Aufnahmen, bei denen der Sänger sehr nah ans Mikro heran muß, sind diese Geräusche nicht zu vermeiden.

Alternativ kann man auch einen Expander benutzen, der kleinere Pegel absenkt, größere aber unangetastet lässt. Dies ist weniger rigoros als ein Gate, das unterhalb eines bestimmen Pegels alles stummschaltet. Um eventuelles Rauschen von der Aufnahme zu entfernen, ist ein Gate allerdings die beste Wahl.

Danach ist es angebracht, einen Kompressor zu benutzen. Der Kompressor muß deshalb nach dem Gate/Expander angewandt werden, weil er ja für gewöhnlich auch leisere Stellen lauter macht, was wiederum eine härtere Gateeinstellung erzwingen würde.

Nach der Benutzung des Kompressors kann man meistens die komplette Gesangsspur sehr viel lauter machen, was der Stimme einigen Druck verleiht.
Noch mehr Druck kann man erzeugen, indem man einen FFT-Filter anwendet und die entscheidenden Frequenzen anhebt.

Außerdem benötigt der Gesang unbedingt Hall, da er auf diese Weise besser mit den Instrumenten verschmilzt und sich später ein homogeneres Gesamtbild ergibt.

Ein Stereo Enhancer ist auch bei der menschlichen Stimme ein durchaus lohnenswerter Effekt. In diesem Zusammenhang sollte man auch nicht vergessen, den Pre-Delay an die anderen Instrumente anzugleichen.

Es wird also offensichtlich, daß beim Gesang die ganze Bandbreite an zur Verfügung stehenden Standard-Abmischtechniken zur Anwendung kommt. Dosiert man alles in einem guten Maß, dann wird die Stimme des Sängers um einen gewaltigen Schritt anders klingen, als in den aufgezeichneten Rohversion. Dieses Klangbild lässt sich nur sehr schwer beschreiben. Es baut aber in jedem Fall eine gewisse Distanz zwischen Hörer und Gesang auf. Es "entmenschlicht" sozusagen die Rohaufnahme und bietet Raum für die eigenen Emotionen des Hörers. Bei dieser Beschreibung handelt es sich aber lediglich um das subjektive Empfinden des Autors. Auch können andere Musikrichtungen ganz andere Anforderungen an die Art der Abmischung stellen. Genauso wie ein anderer Geschmack des Tontechnikers unter Umständen völlig andere Parameter oder Effekte zum Vorschein bringt.


4.2.7 Background Gesang


Die Abmischung des Background Gesangs unterscheidet sich fast gar nicht von dem des Lead Gesangs. Allerdings ist es für gewöhnlich so, daß Background Sänger so klingen, als würden sie tatsächlich aus dem Background, dem Hintergrund, singen. Damit sollte ihnen der psychoakustische Effekt einer größeren Entfernung verliehen werden, was mit der Pre-Delay Einstellung erledigt werden kann. Gegebenenfalls kann man sie auch mit der Panoramaeinstellung in "eine Ecke" des Stereoklangbildes verschieben oder mit einem Stereoenhancer ihre Basisbreite weiter aufziehen.

Auch mit der Absenkung der Lautstärke im Gesamtbild kann man Einfluß auf diese Handhabung des Begleitgesanges nehmen. Siehe dazu auch Punkt 5.3, Endmixtätigkeit.


4.3 Bestandsaufnahme


Nachdem alle Spuren, die zum Song Far Away gehören, in den oben beschriebenen Weisen abgemischt wurden, sollte nun jede Spur einzeln gut klingen. Keine Spur sollte die Ohren des Hörers einem ungewohnten oder stressigem Klangbild aussetzen. Keine übermäßigen Höhen sollten das Hörerlebnis unangenehm oder schmerzhaft machen, keine verschwommenen Tiefen sollten sich gegenseitig überlagern (sogenanntes "Wummern").

Sollte dies doch der Fall sein, so kann man versuchen, mit den EQ Reglern des Samplitude Mixers die entsprechenden Spuren angemessen zu bearbeiten. Eventuell kann es auch erforderlich sein, nochmal den FFT-Filter zu bemühen, der nicht nur die störende Frequenzen sehr präzise dämpfen kann, sondern auch in Echtzeit anzeigt, in welchen Frequenzbändern besonders hohe Ausschläge stattfinden, so daß die Identifikation nicht nur akustisch, sondern auch optisch möglich ist.

Wie weiter oben bereits angemerkt, sollte man nicht vergessen, immer wieder Pausen einzulegen, um das Gehör wieder zu einem objektiverem Empfinden heranzuführen. Es kann auch von Nutzen sein, einen unbeteiligten Dritten nach dessen Meinung zu fragen.

Man kann jetzt alle Spuren gleichzeitig laufen lassen und man wird dabei feststellen, daß der Song noch nicht fertig ist. Der nun nötige Endmix soll in Punkt 5 beschrieben werden.


4.4 Vergleich analoge Mischtechnik


Die analoge Mischtechnik würde vom Prinzip her sehr ähnlich funktionieren wie die oben beschriebene, rein digitale Variante. Die erwähnten Effekte würden allerdings in haptisch fassbaren Gerätschaften vorliegen, mit den entsprechenden Drehreglern daran angebracht. Im Normalfall wären sie schon bei der Aufnahme zur Anwendung gekommen, über die Insert Kanäle beim Mischpult (siehe Punkt 3.1), um dann direkt vom Bandgerät mit aufgezeichnet zu werden.

Um Effekte später noch hinzuzufügen, müßte man die Spuren erneut abspielen, durch das Mischpult schicken, dort durch die entsprechenden Effekte leiten und sie währenddessen erneut aufzeichnen.

Trotz der aus diesen Einschränkungen entstehenden Nachteile, unterscheidet sich die Mächtigkeit der analogen Mischtechnik kaum von der der digitalen. Schließlich ist die analoge Mischtechnik das Vorbild der digitalen, was man an den gleichlautenden Bezeichnungen und den graphischen Nachbildungen von Bedienelementen festmachen kann.

Selbstverständlich liegen Vor- und Nachteile auf der Hand und diese sollen in Punkt 6.1 genauer betrachtet werden.


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2007-10-02 17:22:39 Marco
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